Kanoniere
Die Kanoniere waren eine hochangesehene Spezialtruppe. Am Ende des 30-jährigen Kriegs waren erfahrene Kanoniere die am meisten gesuchten Soldaten.
Kanonen gab es in verschiedenen Kalibern, angefangen von den Kartaunen mit einem Kaliber von ca. 12-22cm (siehe Artikel). Große Geschütze wurden vor allem für Belagerungen eingesetzt, um die Städte sturmreif zu schießen. Aus diesem Grund wurde diese meist in einer Festung gelagert und nur bei Bedarf angefordert. Insbesondere der Transport solch schwerer Geschütze war sehr aufwendig und zeitraubent. Deshalb wurden Geschütze wann immer möglich auf dem Wasserweg transportiert.
Die Justierunge einer solchen Kartaune war sehr aufwendig und verlangte entsprechende Kenntnisse. Deshalb waren Kanoniere auch die mit am besten bezahlten Landsknechte.
Leichtere Kanonen mit Bezeichnungen wie Feldschlange, Falkon, Falkonet oder Feldschlänglein etc. waren Geschütze, die fast ausschließlich gegen Menschen eingesetzt wurden und entsetzliche Verletzungen bewirkten. Angewandt wurden sie im Direktschuß, d.h. das Rohr wurde waagrecht gestellt und direkt auf die gegnerischen Einheiten gefeuert. Aber auch die schweren Kanonen wurde gegen den Feind eingesetzt, wenn sie nicht auf eine Stadt gerichtet waren. Das Kehren solcher schweren Kanonen (ca. 5to Gewicht mit Lafette) war nur sehr schwer möglich und während der Schlacht fast unmöglich.
Peter Englund schreibt zum Einsatz von Kanonen gegen Menschen in seinem Buch: Verwüstung :
Ein in dieser Position(Anm. d. A. waagrecht) eingestellter Neunpfünder hatte eine Reichweite von etwas über 350 Metern. Dann schlug die Kugel zum ersten Mal auf dem Boden auf, wonach sie regelmäßig einen Sprung machte und noch einmal 350 bis 360 Meter flog, bevor sie kraftlos erneut aufprallte – acht von zehn Kugeln sprangen mindestens dreimal auf. (Der Abprall hing davon ab, ob der Boden eben oder buckelig und uneben war.) Die Kugel flog die ganze Zeit in Mannshöhe. Sie konnte also auf ihrer gesamten Bahn töten und verwunden, und wenn sie im rechten Winkel durch eine dünne Linie von Männern schlug, pflegte sie im Durchschnitt drei Mann zu töten und vier oder fünf zu verwunden, aber es kam auch vor, dass eine einzige Kugel 40 Menschen auf einen Schlag tötete – Menschen und Tiere wurden meistens mit einem hohen und entsetzlichen Reißgerausch zerfetzt. Es gibt Beschreibungen von Schlachten dieses Typs – wie es aussah, wenn brummende Vollkugeln in die von Pulverdampf eingehüllten und dicht gestaffelten Reihen aufrecht stehender Männer einschlugen: In der Luft über den Verbänden sah man dann eine kleine Kaskade von Waffenteilen, Rucksäcken, Kleidern, abgerissenen Köpfen, Händen, Beinen und schwer identifizierbaren menschlichen Körperteilen. Der tatsächliche Effekt beruht in hohem Grad auf der Größe der Kugel. Leichte wie schwere Geschütze schossen im Großen und Ganzen ihre Kugeln mit der gleichen Anfangsgeschwindigkeit ab, etwas unter 500 Meter in der Sekunde, doch je größer die Kugel war – das Kaliber in Pfund bezeichnet das Kugelgewicht -, desto höhere Geschwindigkeit und Durchschlagskraft hatte sie, wenn sie ihr Ziel erreichte: die Beine und Muskeln und Zähne und Augäpfel eines Menschen auf der anderen Seite des Feldes. Je schwerer die Kugel, desto größer die Wirkung – einfache Arithmetik. So wird beispielsweise berichtet, dass ein 12-Pfünder mindestens doppelt so effektiv war hinsichtlich der Anzahl Getöteter wie ein 3-Pfünder. Und während die Kugel eines 3-Pfünders in der Praxis nur eine Reichweite von 250 Metern hatte, konnten die Geschosse eines 12-Pfünders bis zu einem halben Kilometer weit reichen, und ein 24-Pfünder konnte gegen Ziele eingesetzt werden, die bis zu 800 Meter entfernt waren. (Dann spielte es natürlich eine wichtige Rolle, auf welche Ziele man schoss. In einer Batterie mit 6-Pfündern, die aus weitester Distanz das Feuer auf einen heranreitenden Reitereiverband eröffnete, konnte jedes Geschütz vielleicht elf Schuss abgeben – sowohl Vollkugeln als auch Schrot -, bevor die Degen der Feinde sie erreichten, ein gesammeltes Feuer, das darin resultiert haben dürfte, dass die Angreifer Verluste von rund 40 Toten und Verwundeten pro Geschütz hatten. Wenn es sich aber urn angreifende Infanterie handelte, konnte jedes Geschütz der Batterie nicht weniger als 36 Schuss abgeben, bevor es zu spät war, was mit einem Verlust auf Seiten der Angreifer von bis zu 120 Verwundeten und Toten pro Geschützrohr endete. Da die überwiegend benutzte Munition Vollkugeln waren, wurden die Schlachtfelder dieser Zeit nicht wie in moderner Zeit von Explosionen und Detonationen erfüllt, sondern von diesen hüpfenden Geschossen, die gerade Schneisen durch Menschenreihen und Vegetation schnitten, beim Aufprall Fontänen von Grasbüscheln und Erdklumpen aufwarfen und sehr charakteristische kleine Furchen in den Boden pflügten. Der große Nachteil dieser flachen, von Aufprall zu Aufprall führenden Flugbahnen war also, dass man gezwungen war, das Feuer in dem Augenblick einzustellen, wenn eigene Truppen in die Schussbahn kamen.